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Teilnahme, Teilhabe, Beteiligung: Eine Begriffsklärung

06.04.2023

Eine pädagogische Fachkraft mit vier Kindern an einem Tisch

© Shutterstock/BalanceFormCreative

Wer im Bereich Kinder- und Jugendarbeit aktiv ist, stößt oft auf die Begriffe Teilnahme, Teilhabe und Beteiligung – doch was bedeuten diese Bezeichnungen eigentlich? Welche Konzepte stecken dahinter und wie hängen sie zusammen?

Teilhabe – ein Menschenrecht

Teilhabe ist ein Menschenrecht und bezeichnet das Recht auf Beteiligung am gesellschaftlichen und politischen Leben. Teilhabe ist ein untrennbarer Bestandteil von Selbstbestimmung, die wiederum als Kern der Menschenwürde betrachtet werden kann. Denn Menschenwürde bedeutet, Subjekt zu sein, nicht Objekt. Objekt ist, wer fremdbestimmt ist; Subjekt ist, wer selbst bestimmt. Dass Teilhabe ein untrennbarer Bestandteil von Selbstbestimmung ist, wird auch im Hinblick auf die politische Teilhabe offensichtlich: Nur wer an der Gestaltung des eigenen politischen Gemeinwesens aktiv mitwirken kann, hat Einfluss auf die Ausgestaltung von Gesetzen und kann andere grundlegende Entscheidungen beeinflussen, die das eigene Leben maßgeblich bestimmen (Rudolf 2017, S. 14-15).

Wie wird nun das Recht auf Teilhabe junger Menschen gewährleistet? In der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 sind die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen verankert: in Artikel 12 (Berücksichtigung des Kindeswillens), Artikel 13 (Meinungs- und Informationsfreiheit) und Artikel 17 (Zugang zu den Medien und Jugendmedienschutz). Kinder und Jugendliche sollen dazu befähigt werden, in der Gesellschaft mitreden und mitentscheiden zu können sowie ihre Lebensumstände und ihre eigenen Interessen im politischen Diskurs auf allen Ebenen zu vertreten. Der UN-Ausschuss über die Rechte des Kindes überwacht die Umsetzung der Kinderrechtskonvention. Er „versteht dieses Recht von Kindern, angehört und ernst genommen zu werden, auch als eines der Grundprinzipien der Kinderrechtskonvention. In ihm kommt die Subjektstellung von Kindern, also ihre Eigenschaft als selbstständige Träger von Menschenrechten und nicht als bloße Objekte von (fürsorglicher) Fremdbestimmung, deutlich zum Ausdruck.“ (Rudolf 2017, S. 22).

Teilnahme und Teilhabe als Voraussetzung für Beteiligung

Um Teilhabe zu erfahren, muss zuerst Teilnahme gegeben sein. Teilnahme ist niedrigschwellig und bedeutet zunächst die bloße Anwesenheit, beispielsweise bei einer Veranstaltung oder einer Versammlung. Diese schadet zwar nicht, sie verändert aber auch nichts im Projekt- oder Organisationsgeschehen. Um von der Teilnahme schließlich zur Beteiligung zu kommen, bedarf es der Aktivierung der Teilnehmenden, indem zielgruppengerechte Angebote gemacht werden. Erst wer aktiv eingebunden ist, ist auch dazu in der Lage, sich zu beteiligen.

Sollen Menschen beteiligt werden, so erfordert dies die Schaffung eines klaren Rahmens. Zum Beispiel muss geklärt sein, wer beteiligt wird und welche Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnisse den Beteiligten zugestanden werden. Mit anderen Worten: wer andere beteiligt, muss eigene Macht abgeben. Wenn beispielsweise bei der Planung eines Spielplatzes Kinder beteiligt werden, so muss vorher klar sein, was z. B. baurechtlich und finanziell möglich ist, und die konkrete Ausgestaltung ist dann nicht dem Ermessen von erwachsenen Entscheidungsträger:innen überlassen, sondern wird den Kinderwünschen entsprechend umgesetzt.

Erwachsene müssen jungen Menschen die aktive Mitsprache, Mitbestimmung und Mitwirkung an Entscheidungen ermöglichen, die sie in ihrer Lebenswelt betreffen – nur dann kann man von Beteiligung sprechen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Während Teilhabe ein grundlegendes Menschenrecht ist, bezeichnet Beteiligung das Ermöglichen der praktischen Umsetzung dieses Rechts, also das Schaffen von aktiver Teilnahme oder Teilhabe.

Welche Kriterien muss Kinder- und Jugendbeteiligung erfüllen?

Laut der Position „Wirksame Jugendbeteiligung ist mehr“ (PDF-Dokument) des Deutschen Bundesjugendrings von 2018 muss Kinder- und Jugendbeteiligung kontinuierlich, passend und wirkungsvoll sein. Das heißt, jungen Menschen muss stets ermöglicht werden, direkten Einfluss auf Alltag und Politik zu nehmen. Dafür braucht es stabile Strukturen und langfristige Formate. Zudem sollten Formate und Rahmenbedingungen passend sein: Die formulierten Qualitätsstandards für Kinder- und Jugendbeteiligung (PDF-Dokument) müssen berücksichtigt werden, und Kinder und Jugendliche können ihre Meinung und Bedürfnisse auf von ihnen gewählten Kanälen und zu ihren Zeiten ausdrücken. Zentral ist, dass das Engagement junger Menschen und ihre Positionen ernst genommen werden und als Grundlage für Kommendes dienen.

Stufen der Beteiligung

Wie sich die Formen der Beteiligung in Form und Wirkung unterscheiden, erläutert dieser Beitrag:

Das Recht auf Nicht-Beteiligung

Es ist im Kontext der Kinder- und Jugendarbeit oder der politischen Bildung aber auch besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass Beteiligung freiwillig ist – es gibt also keine Beteiligungspflicht. Trotzdem müssen alle Möglichkeiten zur Beteiligung immer gegeben sein, damit es Kindern und Jugendlichen prinzipiell immer möglich ist, von ihrem Recht auf Teilhabe Gebrauch zu machen.

 

Literaturtipps

Rudolf, Beate: Teilhabe als Menschenrecht - eine grundlegende Betrachtung, in: Diehl, Elke (Hrsg.): Teilhabe für alle?! Lebensrealitäten zwischen Diskriminierung und Partizipation. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2017, S. 13-37.
 

Ackermann, Timo (2022): Partizipation und Kinderschutz: Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven. In: Peyerl, Katrin/Züchner, Ivo (Hrsg.): Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe. Anspruch, Ziele und Formen von Kindern und Jugendlichen. Weinheim & Basel, Beltz Verlag, S. 178-191.
Hier als PDF verfügbar 

 

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