Gastbeitrag: Wie pädagogisch begleitete Kulturprojekte Kinder aus herausfordernden Lebensumfeldern stärken

20.11.2024

Kinder aus Marzahn arbeiten an einem guten Immunsystem gegen Mobbing

© DKJS/Jörg Farys

Zum Internationalen Tag der Kinderrechte geben Katrin Bühring und Maike Freiberg von „KaMa mittendrin“ einen Einblick in die Arbeit mit Kindern aus schwierigen Lebenssituationen. Sie zeigen auf, wie Kulturprojekte Kindern dabei helfen, herausforderndes Verhalten zu regulieren und über sich selbst hinauszuwachsen.

Insbesondere Kinder aus herausfordernden Lebensumfeldern, die keinen Rückhalt über stabile Familienverhältnisse haben, brauchen Kulturprojekte. Sie brauchen eine gezielte Auseinandersetzung und Aufklärung über Kinderechte. Sie brauchen Projekte, die ihnen Handlungsoptionen aufzeigen und in denen sie Selbstwirksamkeit erfahren. Projekte, die ihnen helfen, eines Tages ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, sich zu behaupten und ihren Platz einzunehmen.

Dank des Zukunftspakets konnten wir von KaMa mittendrin bereits zum zweiten Mal Kinder und Jugendliche der stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung „KileLe – Kinder lernen Leben“ in Berlin Marzahn-Hellersdorf unterstützen. In 2023 haben wir das Kulturprojekt „Recht auf Kultur für die Kinder von KileLe“ umgesetzt. In 2024 machten sich die Kinder mit dem Beteiligungsprojekt Gutes ImmunSYSTEM gegen Mobbing für ihr Recht auf Bildung und Gesundheit stark. 

Ein großes emotionales Päckchen

In einem herausfordernden Lebensumfeld aufzuwachsen, ist ein großes emotionales Päckchen, das die Kinder von KileLe mitbringen. Oft treffen wir auf Kinder, die traumatisiert sind, Kinder mit Aufmerksamkeitsdefiziten, Kinder mit unsichtbaren Behinderungen wie Depressionen, fetalem Alkoholsyndrom (FAS) und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Wir arbeiten mit Kindern mit einer geringen Frustrationstoleranz, mit Autoaggression und fremdverletzendem Verhalten, aber auch mit „Systemsprengern“, bei denen Psychologen aufgegeben haben. All das zeigt sich in herausforderndem Verhalten, das wir als Symptom individueller Schicksale lesen und dem wir uns als pädagogisches und künstlerisches Leitungsteam stellen.

Kreativität schafft „Geborgenheitsorte“

Sobald diese Kinder ein Projekt entwickeln, kreativ werden, sich mit künstlerischen Mitteln ausdrücken und in den Raum ihrer Fantasie eintauchen, für ein gemeinsames Ziel arbeiten und sich als selbstwirksam im „Hier und Jetzt“ erleben, begegnen wir einem anderen Anteil ihrer individuellen Persönlichkeit. Während der Projektarbeit legen sie ihr herausforderndes Verhalten nahezu vollständig ab. Hervor treten innere Ressourcen, versteckte Talente und Stärken, Solidarität, Freude, die Lust am Tun, Empathie und die Motivation, sich miteinander solidarisch zu verbinden. Ihr häufig auf Konflikt angelegtes und erlerntes Verhalten können sie – wenn auch nur temporär – regulieren.

Kreativität schafft „Geborgenheitsorte“ – Momente, in denen jedes Kind dazugehört, eine Aufgabe hat, gebraucht und eingebunden wird, so wie es ist. Momente, in denen es seine individuelle Ausdruckskraft frei entfalten kann und seine Bedürfnisse und Rechte gesehen und anerkannt werden. All das basiert auf Basis einer klaren Projektstruktur und einer Vielzahl an pädagogisch begleitenden Interventionen in Kombination mit künstlerischen Mitteln.

Eine Stimme für Kinder und Jugendliche, die in unserer Gesellschaft oft übersehen werden

Unsere Erfahrungswerte stützen sich auf eine Vielzahl an durchgeführten Projekten, an denen Kinder mit und ohne Behinderung in einem Schlüssel von 1:2 teilnehmen. Wir leben Diversität, ohne dass sie in den Fokus gerät. Grundstein unserer Arbeit ist unsere Fachexpertise vor der Gründung von KaMa mittendrin. Dazu gehören unter anderem 25 Jahre Berufserfahrung von Maike Freiberg, die als Diplom-Pädagogin und UK-Coach mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet hat, die aufgrund einer Behinderung ein herausforderndes Verhalten zeigten. Katrin Bühring bringt aus ihrer Berufspraxis als langjährige Film- und Theaterschauspielerin die Expertise mit, wie Projektstrukturen greifen und was Kinder brauchen, um sicher auf der Bühne zu stehen.

In gemeinsamen Erlebnis- und Erfahrungsräumen, in denen die Grenzen zwischen Lebenswelten durchlässiger werden, orientieren sich Kinder an den Stärken anderer und wachsen – angeschlossen an ihr kreatives Selbst – über sich selbst hinaus. So stärken wir ihr Selbstwertgefühl durch kulturelle Teilhabe. Wir geben Kindern und Jugendlichen eine Stimme, damit sie gehört und gesehen werden – unabhängig von ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft und ihren individuellen Fähigkeiten.

Bausteine für die Bildungsbiografie

Ein pädagogisch begleitetes Kulturprojekt ist für ein Kind wie ein Kurzurlaub von belastenden Gedanken, vom Alltag, von Sticheleien, vom Mobbing, von Ängsten, posttraumatischen Belastungsstörungen oder Depressionen. Wenn Kinder gemeinsam ein übergeordnetes Ziel verfolgen, schaffen sie es über weite Strecken, herausforderndes Verhalten zu regulieren – jenes Verhalten, mit dem sie im Alltag oft anecken.

Pädagogisch begleitete Kulturprojekte sind ein wichtiger, bewertungsfreier, außerschulischer Baustein der individuellen Bildungsbiografie eines Kindes. Dafür brauchen Kinder kulturelle Räume, in denen sie positive Persönlichkeitsanteile entfalten können – Räume, aus denen sie gestärkt in den oft belasteten Alltag hinausgehen. 

Unsere Projekte verstehen wir deshalb als ein gesellschaftliches Engagement und als eine „sinnstiftende“ Arbeit – um es mit den Worten von Löwenstark-Selbstbehauptungs- und Resilienztrainerin Mira Tokic auszudrücken, die die Projektwoche in den Herbstferin mit einem „Anti-Mobbing 1x1“ begleitet hat. 

Wir freuen uns über Projektträger, die auf uns zukommen, um mit uns bedarfsgerechte Projekte zu entwickeln und umzusetzen – oder über Institutionen, die uns im Rahmen unserer Gemeinnützigkeit als Abie Alba gGmbH einen Raum für unsere Arbeit geben möchten. Denn alle Kinder haben Rechte: z. B. ein Recht auf Kultur, Bildung und Gesundheit. 

Alle Infos zum Projekt „Gutes ImmunSYSTEM gegen Mobbing“ gibt es hier:

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