Mit Workshops, coolen Raps, einer Kinderdemo und einer szenischen Lesung auf der Bühne engagieren sich Kinder der Jugendhilfeeinrichtung KileLe – „Kinder lernen Leben“ gemeinsam gegen Ausgrenzung. Ihre Projektwochen im Zukunftspaket unter dem Motto „Gutes ImmunSYSTEM gegen Mobbing“ stärken und schützen sie selbst und andere.
Mobbing ist ein Problem für ALLE Kinder
Noel wohnt in einer von 22 KileLe-Wohngruppen. Der 15-jährige Projektmacher weiß, wovon er spricht, wenn es um Mobbing geht. Und warum es so dringend nötig ist, selbst aktiv zu werden:
„Unser Projekt ‚Gutes ImmunSYSTEM gegen Mobbing‘ macht auf das Problem Mobbing aufmerksam. Darüber muss gesprochen werden. Fast alle Kinder haben mit Mobbing zu tun und wollen lernen, wie sie sich selber besser vor Mobbing schützen können.“Noel, 16 Jahre, Projektmacher aus Berlin-Marzahn
Musik, Theater und Resilienztraining – Grundpfeiler für das Anti-Mobbing-ImmunSYSTEM
Ganz im Sinne des Zukunftspakets, das Recht auf Beteiligung zu stärken, organisiert die altersgemischte Gruppe schon zum zweiten Mal ihr eigenes Projekt: zwei Projektwochen im Herbst, in denen sie sich intensiv mit dem Thema Mobbing beschäftigen wollen.
„Unser Projekt ist wichtig, damit man lernt, wie man mit Mobbing umgeht, selber nicht mobbt und sich wehren kann, wenn man gemobbt wird und auch ein bisschen verhindert, dass Mobbing vorkommt.“Mira, 11 Jahre, Projektmacherin aus Berlin-Marzahn
Das Projekt besteht aus dem Einstudieren einer szenischen Lesung und begleitenden Workshops, in denen Kinder ein Anti-Mobbing 1x1 erarbeiten. Die jungen Projektmacher:innen kommen spielend-kreativ in die Auseinandersetzung mit dem Thema Mobbing, verarbeiten ihre eigenen Mobbing-Erfahrungen und gewinnen innere Stärke und Selbstbewusstsein.
Über die Geschichte „Der Junge Ottokar“ und das Lesen in verteilten Rollen können sich die jungen Projektmacher:innen nicht nur in die Rolle eines Mobbing-Opfers, sondern auch in die Rolle der Täter:innen hineinversetzen: Ottokar sitzt im Rollstuhl, hat keine Stimme und erfährt Ausgrenzung durch andere Kinder.
Professionell begleitet werden die jungen Projektmacher:innen vom Team von KaMa mittendrin. Selbstbehauptungs- und Resilienztrainerin Mira Tokic gibt den Kindern wertvolle Tools gegen Mobbing an die Hand. Gemeinsam wird gelesen, geprobt, getanzt, gerappt, es werden Kulissen gebaut, das Bühnenbild gestaltet, Requisiten organisiert, Plakate in der Nachbarschaft aufgehängt und Schilder für eine Kinderdemo gegen Mobbing gestaltet.
In der Gruppe gehen die Kinder auf die Suche nach ihren ganz individuellen, positiven Leitsprüchen für ihre Demoschilder. Jede:r für sich formuliert Botschaften und präsentiert sie selbstbewusst, gut hör- und sichtbar in der Öffentlichkeit.
Sichtbar werden und zeigen, was (nicht) geht
Alle mal hersehen! Kinderdemo gegen Mobbing
Mit ihren selbstgestalteten Demoschildern fahren die KileLe-Kinder 26 Straßenbahnstationen in die Mitte von Berlin – zur Kinderdemo gegen Mobbing. In der eindrucksvollen Haupthalle des Gropius Baus darf Gruppe eine Rauminstallation als Bühne nutzen – und geht mit dem Thema Mobbing raus aus Marzahn und rein in die Mitte von Berlin.
Schutzschilder und Kraftsprüche
„Ich bin liebenswert“ – dieses Demoschild trägt Ana in die Stadt hinein. Zu Beginn des Generalprobentages traut sich die 10-Jährige fast nicht, ihr Schild zu zeigen. Anas Herz kann es nach eigener Aussage einfach gar nicht fühlen, was sie da aufgeschrieben hat. Im Gropius Bau sagt sie es laut und deutlich ins Mikrofon. Mit dem Rapper Tozee rappt sie den Song „Jeden Tag“, der vor einem Jahr den Anstoß für das aktuelle Projekt gab: „Du wirst immer gemobbt, jeden Tag, nein es ist kein Spaß, jeden Tag blöde Sprüche und noch mehr, jeden Tag am Weinen, du kannst nicht mehr.“
Man spürt förmlich, wie Anas Leitspruch zum Kraftspruch geworden ist, wie sie ihn über die letzten Tage und Wochen mehr und mehr verinnerlicht hat. Man spürt, was in ihr steckt. Endlich kann sie es zeigen.
Arvid demonstriert für sein Recht, Nein zu sagen: „Stopp heißt Stopp!“ steht auf seinem Demoschild. „Weil wenn man nicht Stopp sagt, können andere immer weiter machen. Wenn man Stopp sagt, sagt man Stopp!“ betont der 8-Jährige und hebt sein mit Sprüh- und Acrylfarbe gestaltetes Schild entschlossen über seinen Kopf.
Auch Marie bereichert die Kinderdemo und die spätere Aufführung mit ihrem Spruch: „Ich schaffe das, ich gebe nicht auf!“ Die 9-Jährige weiß ganz genau, warum sie dieses Demoschild gestaltet hat: „Ich hab das gemacht, weil das für mich schön war, dieser Spruch, und damit ich mich immer beruhigen kann in meinem Herz.“
„Fehler sind Helfer“
„Fehler sind Helfer“ ist der Leitspruch, den Noel für sich und andere formuliert hat. Damit niemand vergisst, „dass kein Mensch perfekt ist. Ich bin gut genug, egal, was andere sagen. Lass dich nicht verunsichern, bleib bei dir, du bist gut genug“ ruft er sich und den Zuschauer:innen zu.
Anti-Mobbing-Tag für alle
Zum abschließenden großen Anti-Mobbing-Tag im KileLe-Veranstaltungsraum hat die Projektgruppe persönlich über einen großen Verteiler eingeladen: die Marzahner Nachbarschaft, 22 KileLe-Wohngruppen, Berliner Politiker:innen und Prominente. Aus der Nachbarschaft kam niemand, auch kein Promi. Doch Frank-Walter Steinmeier schrieb den Kindern einen Brief mit einer Einladung in den Berliner Senat.
Das große Highlight: Bundesjugendministerin Lisa Paus kam persönlich beim Anti-Mobbing-Tag vorbei. Ein wichtiger Besuch der Ministerin bei einem tollen Zukunftspaket-Projekt von Kindern und Jugendlichen, die zukünftig hoffentlich noch viele Gelegenheiten wahrnehmen, um sichtbar zu werden und zu zeigen, was (nicht) geht. Denn sie haben viel zu sagen. Und sind jetzt echte Anti-Mobbing-Expert:innen!