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„Nirgendwo ist Jugendbeteiligung so unmittelbar erfahrbar wie auf dem Land.“

16.11.2022

Gerade im ländlichen Raum ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen besonders schwierig, da professionelle Strukturen vielerorts fehlen. Doch gerade auf dem Land sieht Edda Laux von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung auch große Chancen für die aktive Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.

© Shutterstock / Dmytro Zinkevych

Wann und wie entsteht Beteiligung für junge Menschen auf dem Land?

Edda Laux: In vielen deutschen Bundesländern ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen – an allen sie betreffenden Entscheidungen auf Landes-, Kreis- oder Gemeindeebene – gesetzlich verankert. Kleine Gemeinden stehen jedoch oft vor der Frage, wie sie das umsetzen sollen. Wo sich nur wenige Jugendliche für politische Ämter interessieren, ist ein politisches Jugendgremium oft nicht zielführend. Eine bessere Lösung kann dann zum Beispiel eine Jugendredaktion für das Amtsblatt sein oder ein Jugendstammtisch, zu denen die Gemeinderatsmitglieder einladen. 

Erfolgreich sind auch Kinder- und Jugendprojektefonds, über deren Vergabe die jungen Menschen selbst bestimmen. 

Welche Rolle spielt dabei ehrenamtliches Engagement?

Dem ehrenamtlichen Engagement kommt in ländlichen Räumen eine ganz besondere Bedeutung zu. Es ist der soziale Kitt. Wer im Dorf oder der Kleinstadt lebt und sich als Teil der Gemeinschaft versteht, engagiert sich, meist in einem Traditionsverein wie der Feuerwehr oder dem Fußballverein. Viele Traditionsvereine übersehen aber, dass ihre Angebote zwar für Kinder noch spannend sein mögen, für Jugendliche aber zunehmend unattraktiv werden. Jugendliche engagieren sich lieber kurzfristig, wollen im Engagement auch Freundschaften pflegen und persönlich einen Nutzen daraus ziehen. Darum ziehen etwa Sportvereine, die Trendsportarten wie Downhill anbieten, wesentlich jüngere Mitglieder an als jene, die sich neuen Sportarten verschließen. Andererseits können Jugendliche, die sich engagieren, für ihre Projekte in den ländlichen Regionen oft auf ein sehr erfahrenes und zuverlässiges Netzwerk zurückgreifen. Sofern es jungen Menschen also gelingt, Erwachsene in der Gemeinde von ihrem Vorhaben zu überzeugen, ist die größte Hürde für eigenes Engagement genommen.

Welche Strukturen sind besonders hilfreich in Hinblick auf mögliche Kooperationsprojekte mit Kindern und Jugendlichen in ländlichen Räumen?

Wir haben schon sehr fruchtbare Kooperationen innerhalb unterschiedlicher professioneller Strukturen erlebt. In einem Fall haben sich eine Schuldirektorin, eine Schulsozialarbeiterin, ein Träger der freien Jugendhilfe und der Bürgermeister gemeinsam dafür eingesetzt, dass Jugendliche einen Skateplatz nach ihren Wünschen wieder nutzbar machen konnten. Erfahrungsgemäß sind also die Gemeinde selbst, oft in Person der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters, sowie besonders aktive und jugendaffine Vereine gute Partner:innen für Kooperationsprojekte. 

Welche Chancen und Herausforderungen bringt Demokratiebildung in ländlichen Räumen mit sich?

Einerseits herrscht auf dem Land Handlungsbedarf, demokratische Strukturen zu stärken, Jugendlichen positive Demokratieerfahrungen zu vermitteln und antidemokratischen Tendenzen entgegenzuwirken. Andererseits ist Demokratie nirgendwo so unmittelbar erfahrbar wie auf dem Land. Wenn der Ortsvorstand Kinder und Jugendliche im Fußball trainiert, die Bürgermeisterin auch den Dorfladen betreibt und der Onkel beim Planungsamt angestellt ist, werden administrative Zusammenhänge und politische Entscheidungsfindungen im Alltag erfahrbar. Auf dem Land weiß man, wer die Restaurierung des Brunnens am Markt möglich gemacht hat und an wen man sich wenden kann, wenn ein Jugendprojekt Unterstützung braucht. Mitbestimmung und Meinungsbildung findet dann verstärkt auf der Beziehungsebene statt. Das heißt also, dass die Qualität der gelebten demokratischen Kultur auf dem Land stark von den engagierten Personen in Vereinen, Gemeinderat, Bürgermeisteramt und Verwaltung abhängig ist und politische Bildung im informellen Bereich stattfindet. 

Dies ist ein Auszug aus dem Interview „Wie Jugendbeteiligung auf dem Land gelingen kann" von der Webseite des DKJS-Programms OPENION – Bildung für eine starke Demokratie. www.openion.de
 

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