Mädchen im Sport: Wie Gender über Beteiligung bestimmt

27.07.2023

Drei Mädchen spielen Basketball

© Shutterstock/2xSamara.com

Ob Fußballturnier, Calisthenics Park oder Skatedisco – sportliche Betätigung spielt für viele junge Menschen eine wichtige Rolle. Doch inwiefern nutzen Mädchen sportliche Angebote tatsächlich? Wie sieht es mit der Gleichberechtigung im Sport aus?

Gleichberechtige Teilhabe als Ideal

In der alltäglich gelebten Sportpraxis sind Mädchen und junge Frauen weiterhin unterrepräsentiert – sowohl im organisierten Sport als auch in der freien Nutzung öffentlich zugänglicher Sportflächen.

Die Ergebnisse einer von der Leeds Beckett University durchgeführten Studie im Zeitraum von 2017 bis 2020 – mit Daten von fast 5,5 Millionen Jugendlichen aus 29 europäischen Ländern und 18 verschiedenen Sportarten – zeigen, dass Mädchen viermal seltener als Jungen im organisierten Sport aktiv sind. Insgesamt ist die Sportbeteiligung von männlichen Jugendlichen (80 %) deutlich höher als die von weiblichen (20 %) (vgl. ICOACHKIDS+ 'SPORT PARTICIPATION TRENDS (PDF-Dokument)).

Auch in Deutschland sind männliche Kinder und Jugendliche in allen Altersgruppen stärker im organisierten Sport vertreten als Mädchen und junge Frauen (vgl. DOSB, Bestandserhebung 2020, (PDF-Dokument) S. 13)

Die sportbezogenen Genderdifferenzen ziehen sich durch den freiausgeübten Sport im öffentlichen Raum, wie z. B. auf Bolzplätzen oder Skateanlagen. Viele sportliche Einrichtungen werden als männlich konnotiert wahrgenommen: „Jungen nutzen öffentlichen Raum mehr als Mädchen. Sie verdrängen Mädchen nur durch ihre Präsenz oder aktiv. Sobald zum Beispiel irgendwo ein schlichter Bolzplatz ist, werden Mädchen ihn nicht benutzen. Es ist ein vorauseilender Gehorsam, sie würden das gar nicht so bewusst artikulieren. Aber der Raum ist für sie als männlich verankert, sie halten sich fern“, erklärt Sportpädagogin Petra Gieß-Stüber.

Stadtforscherin Dr. Mary Dellenbaugh-Losse führt aus, dass Mädchen im Jugendalter laut Studien mit viel größerer Wahrscheinlichkeit bis zu drei Jahre früher als Jungen aufhören, aktive Erholungsräume zu nutzen. Dies bedeutet, Jungen profitieren mehr von den kommunalen Geldern, die für aktive Erholung ausgegeben werden, z. B. für Fußballplätze, Kletterwände, Skate- oder Parkourparks.

Die Ursachen für die großen genderspezifischen Unterschiede an der Teilhabe im und Beteiligung an Sport sind vielfältig, Geschlechternormen und -stereotype ziehen sich schließlich durch alle Lebensbereiche.

Sexismus im Sport

Ein großes Problem im Sport ist Sexismus – ob in der Berichterstattung, durch Verbände oder in der Werbung. Mit zehn Prozent Anteil in der Berichterstattung sind Sportlerinnen gegenüber Sportlern deutlich unterrepräsentiert und haben somit auch deutlich geringere Einnahmen durch Sponsoring und Werbung. So sind viele Athletinnen darauf angewiesen, ihr Aussehen und ihre sexuelle Attraktivität zu vermarkten.

Die fehlende Sichtbarkeit von Sportlerinnen hat Konsequenzen: Laut der KIM-Studie 2022 (PDF-Dokument) (PDF-Dokument) haben nur fünf Prozent der Mädchen zwischen 6 und 13 Jahren ein Vorbild im Sport, im Gegensatz zu 54 Prozent der Jungs im gleichen Alter.

Die Sportsoziologin Petra Tzschoppe sieht auch ein Problem im Schulsport: Die Differenzierung zwischen typischen Mädchen- bzw. typischen Jungssportarten werde von Sportlehrkräften nicht unbedingt aufgebrochen. Es bestehe Nachholbedarf für geschlechtersensiblen Sportunterricht sowie ein Abbauen von Barrieren. Und auch sie betont die Wichtigkeit von Vorbildern: „Ob es als Funktionärin ist, ob es als Journalistin ist, ob es Frauen sind, die als Schiedsrichterin in der oberen Liga pfeifen. In ganz vielen Bereichen des Sports gibt es noch zu wenige Frauen und umso wichtiger ist es, Frauen zu haben, die diese Vorbildrolle auch ausüben.“

Wie kann die Teilhabe und Beteiligung von Mädchen am Sport unterstützt werden?

Deutlich wird: Im Sportbereich werden „Angebote für alle“ in der Realität von Mädchen und jungen Frauen nicht so stark genutzt, wie von Jungs und jungen Männern. Um sie stärker einzubinden, brauchen sie oft eine direkte Ansprache, auf sie zugeschnittene Angebote oder geschützte Räume.

Dr. Dellenbaugh-Losse berichtet von einigen Städten, die beispielsweise ausprobiert haben, Zeiten anzubieten, in denen nur Mädchen bestimmte Areale verwenden dürfen, um Barrieren abzubauen. Sie empfiehlt ihnen auch extra Angebote in Betracht zu ziehen, um Mädchen bei der aktiven Freizeitgestaltung zu unterstützen: Sie können beispielsweise Mädchen-Fußballtage und Mädchen-Basketballmannschaften fördern und damit sicherstellen, dass Mädchen die Möglichkeit haben, diese Räume genauso zu nutzen wie Jungen.

Auch einige Träger im Zukunftspaket gehen so vor: Sie organisieren Mädchensportcamps, unterstützen junge Frauen, „frauenuntypische“ Sportarten in geschütztem Rahmen auszuprobieren, führen „Mädchentage“ ein, an denen die Basketballanlage für sie reserviert ist.

Das ist natürlich keine Lösung für das große gesamtgesellschaftliche Problem, aber ein konkreter Schritt, um mehr Teilhabe und Beteiligung von Mädchen im Sport zu unterstützen.

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